Vier Fragen zum Thema Kommunikation an Christian Gisi, Leiter Marketing & Kommunikation, Hochschule Luzern
Wie Christian Gisi den Spagat der Kommunikation zwischen Vertrauensaufbau und Informationsflut wahrnimmt.
1. Die Kommunikation wird trotz neuer Technologien, Geschwindigkeit und Professionalität nicht einfacher. Es mangelt nicht an Beispielen dafür, dass es zu Fehlern und Verunsicherungen kommt, weil die Komplexität der Informationen überfordert oder es bei Vorgängen und Kommunikation, wie unter anderen das Beispiel Raiffeisen zeigt, an der heute erforderlichen Transparenz mangelt. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?
Natürlich ist da eine gewisse Ambivalenz. Die Anpassungen an das Tempo und die Spielregeln der Kommunikation im Jahr 2018 fordern gleichermassen Strukturen und Mentalitäten. Für viele gestandene Firmenleitungen war und ist schwer zu akzeptieren, dass plötzlich ein Social Media Team zur Speerspitze der Kommunikation werden kann. Im Guten wie im Schlechten. Und dass in der Konsequenz qualifizierte Leute, ausgerüstet mit dem nötigen Vertrauen, an solche Positionen müssen.
Auf der anderen Seite zeigen aktuelle Beispiele aber auch, dass vieles nicht per se mit Kommunikation oder veränderten Modalitäten in der Vermittlung von Information zu tun hat. Ein Beschiss ist ein Beschiss – und es wurden früher wie heute Fehler gemacht, die hohe Wellen geworfen haben…
2. Wir stellen in Bezug auf die Assessments gegenläufige Trends fest: Zum einen sollen Informationen immer schneller zur Verfügung stehen, damit fehlt die Zeit für die Begegnung. Zum anderen lebt das für unsere Aufgabe unabdingbare Vertrauen stark von der Beziehung, die im direkten Kontakt gepflegt wird. Wie gehen Sie in Ihrem Wirkungsbereich mit diesem Spannungsfeld zwischen Informationsflut und -schnelligkeit und der Notwendigkeit, Vertrauen aufzubauen, um?
Ich sehe da nur bedingt einen Widerspruch. Oder anders gesagt, nur weil wir auf moderne Kommunikationsmittel setzen, habe ich trotzdem die Freiheit und auch die Verantwortung, mir zu überlegen, wo ein persönlicher Kontakt effektiver wäre, um Missverständnisse zu vermeiden. Die Erwartungshaltung hierzu, gerade der jüngeren Generationen, ist allerdings tatsächlich eine andere geworden. Aber wir haben klare Bedürfnisse und können schon nur daher nicht immer und überall Effizienz und Temposteigerung idealisieren. Zwischenmenschlichkeit braucht Zeit, und ich möchte im Zweifel lieber etwas zu viel in ein persönliches Gespräch investieren. Das zahlt sich aus meiner Sicht auf jeden Fall aus.
3. Wo begegnet Ihnen als Leiter Marketing & Kommunikation die Problematik des Datenschutzes und wie gehen Sie damit um?
Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung hat die Sensibilität hierzu deutlich erhöht. Keine Frage. Ich finde aber, dass diese Tendenz ziemlich absehbar war und man frühzeitig darauf hätte reagieren sollen und können. Nur weil etwas gängige Praxis war, hiess im Übrigen auch vorher nicht, dass alles in Ordnung war. Für uns als Bildungsinstitution ist das Thema natürlich anspruchsvoll und die Erwartungshaltung an uns berechtigterweise hoch. Aber klar, im engen Rahmen versuchen selbstverständlich auch wir das Potenzial von Kundendaten auszuschöpfen, um unseren Zielgruppen sinnvolle und möglichst passende Angebote machen zu können. Darüber hinaus glaube ich persönlich nicht, dass der Trend zu mehr Hunger auf Kundendaten nun komplett wegbrechen wird.
4. Perspektivenwechsel ist bei Ihnen wie bei uns ein zentrales Thema – ohne diesen können Sie, können wir unseren Kunden nicht gerecht werden. Wie gehen Sie mit der Unterschiedlichkeit Ihrer potenziellen Kundengruppen und Stakeholder um?
Aus Sicht der Unternehmung ist die Vielfalt der primären und sekundären Zielgruppen eine echte Herausforderung. Wir müssen vom Musikstudenten (und dessen Eltern!) über die Blockchain-Spezialistin bis zum Ingenieur alle ansprechen und abholen. Wir versuchen auf das zu setzen, was die Zielgruppen, auch wenn sie noch so heterogen sind, gleichermassen berührt: eine starke Marke, greifbare Werte, Emotionalität.
Für mich persönlich gehören die unterschiedlichen internen und externen Zielgruppen mit zum Spannendsten meiner Aufgabe. Ich möchte nicht behaupten, dass mir das jederzeit gut gelingt, aber offen und ehrlich interessiert auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten zuzugehen, hilft.